Buddha meditiert: Aus Nordwest-Pakistan stammt diese Figur, die als Leihgabe aus einer privaten Sammlung im Frankfurter Museum Angewandte Kunst gezeigt wird. Foto: Museum/Rainer Drexel
FRANKFURT.
Am Anfang ist das Loch. Das wandgroße gepixelte Foto zeigt die leere Höhle, in der die weltgrößte Buddha-Statue im zentralafghanischen Bamiyan aus Stein gemeißelt stand, bis die Taliban sie 2001 sprengten. Der Anfang der Ausstellung „Buddha. 108 Begegnungen“ in Frankfurt erinnert daran, wie Religion Kriege legitimiert – und wie sie die Friedfertigkeit verbreitet hat.
Gerade jetzt passe eine Ausstellung zu einer Spiritualität der Friedfertigkeit in die Zeit, sagt der Direktor des „Museums Angewandte Kunst“, Matthias Wagner K. Das Museum präsentiert von heute (26.) an bis 7. Juni 108 Buddha-Figuren aus West- und Ostasien. Die Exponate seien „Meisterwerke sakraler Ausdrucksform aus zwei Jahrtausenden“, sagt Wagner K.
Die Ausstellung zeigt asiatische Buddha-Darstellungen in umfassender Weise, wie Kurator Stephan von der Schulenburg erläutert. Mit Schutzgötter- und Dämonen-Skulpturen sei das gesamte Pantheon der Buddha-Figuren versammelt. Die Schau solle zum Nachdenken über die Angst vor dem Tod und den Umgang mit Religion anregen. Die Exponate sind ihrer Herkunft nach entsprechend der alten Handels- und Pilgerwege durch Asien angeordnet, von Pakistan über Indien, Nepal, Birma, Thailand, Kambodscha, Indonesien, China, Korea bis Japan.
WANN UND WO
Bis 7. Juni im Museum Angewandte Kunst am Frankfurter Museumsufer, dienstags bis sonntags 10 bis 18 Uhr, mittwochs auch bis 20 Uhr.
Die Zahl der 108 Skulpturen ist analog zu der im Buddhismus heiligen Zahl 108 gewählt. In 108 Bänden seien die Lehren des Gautama Buddha versammelt. Buddhistische Rosenkränze hätten 108 Perlen, um ein Mantra zu wiederholen, erklärt von der Schulenburg. Ein Fünftel der Exponate stammt aus dem eigenen Depot, das eine Sammlung des 1925 gegründeten und 1944 zerstörten Frankfurter China-Instituts beherbergt. Die übrigen Stücke stammen von privaten Leihgebern aus verschiedenen Ländern.
Siddharta Gautama, genannt Buddha (Sanskrit: „der Erwachte“), sei in den ersten Jahrhunderten nach seinem Tod um 350 vor Christus nicht abgebildet worden, erläutert die Leiterin des Tibethauses Deutschland, Elke Hessel. Aus Sorge, dem Religionsstifter nicht gerecht zu werden, sei er mit Fußabdrücken oder einem Rad symbolisiert worden. Erst in den Jahrhunderten nach Christus hätten Künstler Buddha-Skulpturen gefertigt. Zunächst waren es lebensnahe Abbilder, später immer ikonenhaftere Figuren, die Buddha als Prinzip versinnbildlichten.
Die ältesten Exponate der Schau stammen aus den ersten zwei Jahrhunderten nach Christus, aus der Gandhara-Kultur im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet. Aus bläulichem Schieferstein ist ein Kopf gearbeitet, der mit üppigen Haarlocken, Stirnband und gepflegtem dünnen Schnurrbart das Porträt eines Adligen sein könnte. Dagegen haben die Gesichtszüge der wohlgenährten Figur im Lotussitz, deren Zeigefinger sich berühren, aus dem indischen Gupta-Reich des 5. bis 6. Jahrhunderts nach Christus ihre individuelle Form zugunsten einer typisierten eingebüßt.
Die Buddha-Abbildungen und -Skulpturen hätten dem Volk eine Bildsprache gegeben, erklärt von der Schulenburg. Sie seien eine asiatische Bibel der Armen. Je nach dem Land der Herkunft variieren die Gesichtszüge Buddhas. Eine Holzfigur aus dem China des 15. bis 16. Jahrhunderts hatte es in sich: Aus dem Buddha im Meditationssitz operierten Wissenschaftler „Eingeweide“ aus Seide heraus und Papierrollen mit Sutra-Lehrtexten auf Sanskrit.
Am Schluss der Schau ist Buddha in der Pop-Art angekommen: Der tibetische, im New Yorker Exil lebende Künstler Gonkar Gyatso hat eine klassische, sitzende Figur aus dem 14. Jahrhundert in Tibet mit einem 3D-Drucker aus Kunstharz nachgebildet. Bunte Aufkleber verzieren den Körper, bis sie Arme und Beine unter der Collage gänzlich bedecken.
Der Große Buddha von Kamakura/JapanBronzeguss, Mitte 13. Jahrhundert. Foto: Stephan v. d. Schulenburg
Das Parinirvāna des Buddha(Fragment) Gandhāra, Nordwest-Pakistan, Zweites Jahrhundert, Grauer Schiefer, Privatsammlung Foto: Rainer Drexel
Schreitender Buddha, Thailand, Sukhothai-Periode, 13./14. Jahrhundert. Foto: Anja Jahn
Der fastende Prinz Siddharta Gandhāra, Nordwest-Pakistan, Zweites bis Drittes Jahrhundert, Grauer Schiefer,Privatsammlung. Foto: Rainer Drexel
Haupt eines Adoranten China, Ming-Dynastie (1368-1644), wohl 15. Jahrhundert, Schenkung , Cords 1943. Foto: Rainer Drexel
Schreitender Buddha, Thailand, Sukhothai-Periode, 13./14. Jahrhundert. Foto: Anja Jahn
Buddha Shākyamuni China, Ming-Dynastie (1368–1644), 16. Jahrhundert, Holz, rote Lackgrundierung, Goldfassung verloren, Weltkulturen Museum Frankfurt, vormals China-Institut Frankfurt, Inv. Nr. NS 51774 Foto: Museum Angewandte Kunst
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